Nur Pädophile können schwer erziehbare Kinder lieben und diese auch erziehen. Was heutzutage völlig absurd klingt, war die Meinung des damals renommierten Professors für Sozialpädagogik Helmut Kentler. Das sogenannte „Kentler-Experiment“ war nicht nur ein solches, sondern wurde auch in den 1970er-Jahren vom Landesjugendamt Westberlin befürwortet. So wurden über 30 Jahre lang Pflegekinder an Pädokriminelle und pädophile Männer vermittelt – gar ein ganzes Netzwerk aufgebaut. Laut „Hallo Niedersachsen“ war auch ein Professor aus Lüneburg Teil dessen.
Hintergrund des Berichts von „Hallo Niedersachsen“ ist der vorläufige Bericht der Universität Hildesheim, die beauftragt wurde, diese Missbrauchsfälle aufzuarbeiten. Im Zentrum des Beitrags: Pädagogikprofessor Herbert Colla aus Lüneburg, verstorben im Jahr 2017.
„Hallo Niedersachsen“: Netzwerk unter Wissenschaftlern
Pädagogikprofessor Kentler war unter den Wissenschaftlern weitreichend vernetzt. Als Sexualforscher trat er als Mitglied der 68er-Bewegung für die sexuelle Befreiung ein – und für Sexualität zwischen Erwachsenen und Kindern. Erst seit den 1990er-Jahren werden seine sexualpolitische Positionen in seinen Schriften sowie seine Ansichten zur Pädosexualität kritisiert.
Zusammen mit dem Landesjugendamt Westberlin vermittelte er auch Pflegesöhne an Wissenschaftler aus Niedersachsen. Herbert Colla, Pädagogikprofessor an der Leuphana Universität Lüneburg, war eng mit Kentler befreundet und einer von ihnen. Er nahm drei minderjährige Jungen bei sich auf und soll diese missbraucht haben. Betroffene des „Kentler-Experiments“ haben sich bei den Forschenden der Universität Hildesheim gemeldet und ihre Geschichten geschildert, berichtet „Hallo Niedersachen“.
„Hallo Niedersachsen“: Professor kümmerte sich nicht um die seine Pflegekinder
Colla soll laut „Hallo Niedersachsen“ seinen 16-jährigen Pflegesohn gezwungen haben, ihn zu küssen. Außerdem habe er seinen Pflegevater regelmäßig in die Sauna begleiten müssen und ständig – auch in der Badewanne – die Füße massieren sollen. Fernab dessen kümmerte sich der Professor kaum um seine Pflegekinder. Nicht einmal die Mahlzeiten wurden gemeinsam eingenommen. Nur schulisch wurden die Kinder gefördert.
Das Landesjugendamt Westberlin wusste von alldem. Der Betroffene habe mehrfach Briefe geschrieben und darum gebeten, Collas Haus verlassen zu dürfen. Erst viel später wurde dem stattgegeben.
„Hallo Niedersachsen“: Netzwerk machte sich die 68er-Bewegung zu eigen
„Hallo Niedersachsen“ hat auch ehemalige Kolleginnen von Herbert Colla an der Leuphana Lüneburg zu Wort kommen lassen. Hier seien damals die Nachwehen der 68er-Jahre zu spüren gewesen, so die Kolleginnen. Moralische Grenzen wurden ausgetestet – und das habe sich das Netzwerk um Kentler zunutze gemacht. Keiner habe laut ausgesprochen, dass man es seltsam findet, wenn ein alleinstehender Mann drei Pflegesöhne bei sich aufnimmt.
Mehr News:
Die Arbeit der Universität Hildesheim, die sich mit der Aufklärung befasst, wird aktuell von. Berlin bezahlt. Doch das Land Berlin will auch andere Bundesländer, wie auch Niedersachsen mit in die Veranwortung nehmen. „Hallo Niedersachsen“ berichtet, dass darüber in der nächsten Familienministerkonferenz Ende Mai abgestimmt werden soll.