Eine besorgniserregende Entwicklung macht in Niedersachsen die Runde.
Immer wieder werden Kinder Opfer von sexualisierter Gewalt. Dabei sind nicht alle Täter volljährig – ein erschreckender Trend zeigt, dass sich auch Jugendliche aus Niedersachsen oftmals an Kindern vergehen.
Erschreckende Zahlen aus Niedersachsen! SO viele Täter sind unter 18
Deshalb sieht der Neurologe und Psychiater Tillmann Krüger einen großen Nachholbedarf in der Prävention und bei der Behandlung von Jugendlichen, die zu sexualisierter Gewalt neigen. „Das ist ein Riesenproblem, aber keiner geht es an. Keiner hat Expertise“, sagte der Professor an der Medizinischen Hochschule Hannover dem Evangelischen Pressedienst (epd). Deshalb habe er mit seinem Team an der Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie das nach eigenen Aussagen bundesweit einzigartige Projekt „HunderachtzigGrad“ initiiert.
Es wende sich an Jugendliche, die an sich sexuelle Gewaltfantasien bemerken, sich zu Kindern hingezogen fühlen oder durch sexuelle Grenzverletzungen auffällig geworden sind, erläuterte der Leiter des Arbeitsbereichs Klinische Psychologie und Sexualmedizin. „Die Jugendlichen sollen möglichst selbstmotiviert und möglichst früh zu uns kommen, um Übergriffe zu verhindern.“
Das ist Niedersachsen:
- ist mit einer Fläche von 47.600 Quadratkilometern das zweitgrößte Bundesland nach Bayern
- hat 7.993.608 Einwohner (Stand: Dezember 2019), Landeshauptstadt ist Hannover
- wurde im November 1946 gegründet
- Sehenswürdigkeiten unter anderen: Heide Park, Lüneburger Heide, Autostadt, Nationalpark Harz
- Ministerpräsident ist Stephan Weil (SPD)
Vor allem die Verbreitung kinderpornografischer Schriften über das Internet habe unter jungen Menschen drastisch zugenommen, sagte Krüger. Dazu zählten etwa sexuelle Kommentare, Beleidigungen, Witze, Gesten und Bilder, die in den sozialen Medien wie Facebook, Instagram und Snapchat gepostet und weitergeleitet würden. „40 Prozent der Tatverdächtigen in diesem Bereich waren zuletzt unter 18 Jahren. Seit 2018 hat sich die Zahl der Kinder und Jugendlichen unter den Tatverdächtigen mehr als verzehnfacht.“
+++Niedersachsen: Segelflugzeug stürzt ab und landet in Wohnhäusern – Pilot stirbt+++
Niedersachsen: Experte will Schulen Aufklärungsauftrag verpassen
Mädchen und Jungen sind in diesem Bereich der nicht körperlichen sexualisierten Gewalt Krüger zufolge gleichermaßen sowohl Täter als auch Opfer. Bei der körperlichen sexualisierten Gewalt sei das anders: Dort erführen die Mädchen die Gewalt überwiegend durch männliche Täter.
In der Psychotherapie sei es wichtig, sehr individuell auf die Bedürfnisse einzugehen, sagte Krüger. Die Klienten sollten „eine Verhaltenskontrolle entwickeln und herausfinden, wie sie ihre Bedürfnisse befriedigen können, ohne dass andere Personen zu Schaden kommen.“
Mehr aus dem Bundesland:
Schwimmbäder wollen an pikanter Regel festhalten – „gleiches Recht für alle“
Niedersachsen-Wahl: Grüne verweigern Teilnahme an Debatten, wenn SIE dabei sind
Horror-Unfall bei Grillparty – schlimmer Verdacht macht sich breit
Darüber hinaus müsse ein differenziertes Bild sexualisierter Gewalt noch mehr in die breite Öffentlichkeit getragen werden, forderte der Mediziner. Auch in den Schulen sollte das Thema behandelt werden – am besten durch externe Fachleute: „Wer als Jugendlicher selbst von sexualisierter Gewalt betroffen ist, wendet sich nicht an Lehrer oder Eltern, sondern an die eigene Peer-Group. Wenn Jugendliche dann solche Projekte kennen, haben wir viel erreicht.“ (epd)