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Niedersachsen: Wunscherfüllerin Sandra ganz offen – so emotional sind die Fahrten mit todkranken Menschen

News38 berichtet regelmäßig über den Wünschewagen Niedersachsen. Auch 2024. Jetzt spricht mit eine Wunscherfüllerin über ihre Fahrten und Gedanken.

Karlas letzte Reise, zusammen mit Sandra. Fünf Tage nach diesem Foto ist Karla gestorben.
© ASB Wünschewagen Niedersachsen

Tod und Trauer

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Sandra aus Salzgitter hat ein riesiges Herz. Schon immer habe es fürs Thema Menschen und Pflege geschlagen, sagt sie zu News38. Da war es nur eine Fügung, dass Sandra mit dem ASB Wünschewagen Niedersachsen in Kontakt kommt.

Inzwischen hat die 53-Jährige schon viele Menschen auf ihrer vorletzten Reise begleitet. Mit ihnen Händchen gehalten, Späßchen gemacht und vor allem: Ihnen Kraft gegeben.

ASB Niedersachsen erfüllt letzte Wünsche

Den Wünschewagen habe sie nach dem Tod eines guten Freundes kennengelernt. Im Ruhewald Cremlinger Horn. Inzwischen habe sie schon 16 Fahrten machen dürfen, sagt Sandra. Manchmal gehe das ganz spontan. Müsse es. „Das Besondere ist, dass man die letzten Wünsche der Gäste verwirklichen kann. Dass wir jeden Tag im Sinne des jeweiligen Gastes planen und veranstalten dürfen. Dabei versuchen wir wirklich immer, alle Wünsche zu erfüllen – so weit das geht.“ Genau das treibe sie an: „Du machst jemanden noch ein letztes Mal unheimlich glücklich und schaffst ganz, ganz viele Erinnerungen.“ Auch für die Familie. Auch der Tod sei bei einer Wunschfahrt nicht passé. „Wir möchten aber natürlich Leichtigkeit in diesen Tag reinbringen. Aber wenn der Fahrgast übers Sterben und den Tod reden will, wiegeln wir das nicht ab. Dann sind wir auch da und nehmen die Fragen ernst.“

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Sie selbst freue sich auf und über jede Fahrt. Sei dankbar. Jede Fahrt sei unterschiedlich. Aber jedes Mal gehe ein letzter Herzenswunsch in Erfüllung. „Für viele ist das auch ein trauriges Thema. Aber dann ist es so wunderschön zu sehen, wie glücklich und stolz die Menschen sind. Weil sie es noch mal zu ihrem Sehnsuchtsort geschafft haben. Nach dem Motto ‚Ich darf das hier erleben, ich darf mich verabschieden!‘ – das ist wirklich einmalig!“ Die Stimmung schwanke während der Fahrten oft. Zunächst gebe es Unsicherheiten und Ängste. Dann Freude. Und Freudentränen. Der Rückweg sei oft nicht einfach – „wenn es vom Wunschort weggeht, wird es oft emotional.“ Oft reiche die Kraft nicht mehr. Dann sei es eher ruhig.

Niedersachsen: Zwei ganz besondere Fahrten

Vor allem an zwei Fahrten im Jahr 2024 erinnere sie sich immer wieder, sagt Sandra. Einmal an den Abschied von Karla. Die Cremlingerin war im August auf ihrer vorletzten Reise. Das Ziel: Scharbeutz an der Ostsee. Karla habe nur noch liegen können. „Wir haben sie dann auch rückwärts die Düne hochgezogen, damit sie möglichst lange auf ihre See gucken kann“, erinnert sich Sandra. Irgendwann habe Karla gesagt, dass sie in drei Tagen nicht mehr hier sei. Und so war es dann auch: Sie starb kurz nach der Fahrt mit dem Wünschewagen. „Das war schon sehr emotional.“ (HIER geht’s zu Karlas Wunschfahrt.)

„Mama, ich will mit dir kuscheln“

Ein anderer Fall sei eine junge Familie gewesen. Da war die Mama todkrank. Die Mutter eines vierjährigen Jungen. Zusammen ging es nach Heiligenhafen, unter anderem in die Fischhalle. „Hier hat der Kleine auf einmal gesagt ‚Mama, ich will mit dir kuscheln‘ und ist dann auf ihren Bauch geklettert. Wollte nicht mehr runter. Wir sind dann zusammen mit den beiden zurück zum Wünschewagen gegangen. Das war ein sehr inniger Moment.“

Karlas letzte Reise, zusammen mit Sandra. Fünf Tage nach diesem Foto ist Karla gestorben.
Karlas letzte Reise, zusammen mit Sandra. Fünf Tage nach diesem Foto ist Karla gestorben. Foto: ASB Wünschewagen Niedersachsen

Was muss man für ein Typ sein, um beim Wünschewagen mitzufahren? „Du musst keine ‚harte Nuss‘ sein. Aber empathisch und aufmerksam. Feine Antennen haben. Dieses Feingefühl, um den Menschen da abzuholen, wo grad das Bedürfnis ist.“ Sie selber habe bei einer Wunschfahrt noch nie geweint. Aber einmal Tränen in den Augen gehabt. „Da habe ich mich weggedreht.“ Als zwei Jungs zu ihr gekommen seien, die sich bedankt hätten für die Reise mit ihrem Opa ans Meer. „Aber das sind auch schöne Momente, weil du weißt, du hast alles richtig gemacht und der Familie viel Kraft gegeben. Die musst du ja auch abholen.“ Sagen wir also: Es war einen Tränenmischung.


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Das Thema Tod solle kein Tabuthema sein. „Der Tod ist ein Teil von uns und gehört zum Leben dazu.“ Das betont Sandra immer wieder im Gespräch mit News38. Von jeder einzelnen Fahrt habe sie bisher auch für sich selber etwas mitgenommen, gewinne da etwas mit für sich. Das werde ihr immer doller bewusst, sagt Sandra: „Man zieht da was raus: Nämlich eindeutig wirklich dieses ‚Genieße die Momente‘ – egal, wie viel Zeit du noch hast. Jeder Moment ist ein Geschenk. Das wir dir hier so sehr gezeigt.“

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