Veröffentlicht inNiedersachsen

Niedersachsen: Nach Polizei-Schüssen in Nienburg – Ermittlungen gegen Beamte eingestellt

Nach den tödlichen Schüssen in Nienburg (Niedersachsen) hat die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen die beteiligten Polizisten eingestellt.

Biedersachsen
© picture alliance/dpa

Mord oder Totschlag? Das ist der juristische Unterschied

Im März 2024 wurde in Nienburg in Niedersachsen ein Mann während eines Polizeieinsatzes von Beamten erschossen. Eine Polizistin wurde ebenfalls verletzt. Daraufhin hatte die Staatsanwaltschaft Verden gegen 14 beteiligte Polizisten die Ermittlungen aufgenommen.

Die Staatsanwaltschaft Verden ermittelte wegen des Verdachts auf Totschlag und der Körperverletzung im Amt. Sechs Monate später wurden die Ermittlungen gegen die Beteiligten eingestellt. Alles, was du zu dem tragischen Fall aus Niedersachsen wissen musst, erfährst du hier.

Niedersachsen: Polizei schießt achtmal auf Mann

Was sich am Karfreitag dieses Jahres (30. März) in Niedersachsen abgespielt hat, sorgte bundesweit für Schlagzeilen. Die Polizei wurde zu einem Wohnhaus in Nienburg gerufen: Der 46-jährige Lamin Touray soll seine Freundin mit einem Messer bedroht haben. Die Lage vor Ort eskalierte, Touray soll den Aufforderungen der Polizei nicht nachgekommen sein und habe schließlich auch sie mit einem Messer bedroht. Daraufhin eröffneten die Polizei das Feuer: Acht Kugeln trafen den Mann.

+++ Niedersachsen: Schüsse in Nienburg! Mann tot – Polizistin angeschossen +++

Bei dem Einsatz wurde auch eine Polizistin durch Schüsse verletzt. Ein Diensthund, der von Touray angegriffen wurde, erlitt ebenfalls Verletzungen. Die Staatsanwaltschaft nahm daraufhin Ermittlungen gegen 14 Polizisten wegen Totschlags und Körperverletzung im Amt auf. Sechs Monate später wurden die Ermittlungen eingestellt, wie Staatsanwaltschaft am Freitag (27. September) mitteilt.

Einsatz von Schusswaffen gerechtfertigt

Der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Martin Schanz, erklärt: Die von zwei Beamten abgegebenen Schüsse sowie die Schussabgaben eines weiteren Beamten seien unter Einhaltung der Regelungen des Niedersächsischen Polizeigesetzes gerechtfertigt erfolgt. Die Ermittlungen hätten ergeben, „dass die Schusswaffen als letztes Mittel eingesetzt wurden, als eine gegenwärtige Lebensgefahr ausgehend von dem 46-Jährigen für die Polizeibeamten bestand“.

Mildere Mittel zur Deeskalation mit mehrfacher Aufforderung, das Messer fallen zu lassen, der Einsatz von Hilfsmitteln wie eines Reizsprühgeräts und Diensthundes und auch das Androhen der Anwendung der Schusswaffe während des Einsatzes, hätten keine Wirkung gezeigt „und waren in der hochdynamischen Bedrohungslage zum Zeitpunkt der Schussabgaben erfolglos ausgeschöpft“.

Polizeipräsidentin meldet sich zu Wort

Auch die Göttinger Polizeipräsidentin Tanja Wulff-Bruhn äußerte sich zum Fall: Die Staatsanwaltschaft habe „gründlich und mit der gebotenen Sorgfalt ermittelt. Wir wissen nun, dass es während des Einsatzes am Karsamstag in Nienburg zu keinen unrechtmäßigen oder unangemessenen Handlungen gekommen ist.“ Wulff-Bruhn gibt zu, dass der Vorfall gezeigt habe, wie herausfordernd und schwer solche Situationen seien, in denen ein Messer involviert ist.

In dem Fall in Nienburg hätten die Ereignisse ein tragisches Ende mit tödlichem Ausgang genommen, der für die Familie des Verstorbenen einen großen Verlust bedeute. „Gleichzeitig wissen wir um die große Belastung über die lange Zeit des Verfahrens, nicht nur für die Familie, sondern auch für die an diesem Tag eingesetzten Beamtinnen und Beamten“, so die Polizeipräsidentin.

Rechtsextreme Vorwürfe gegen einen Beamten

Ein Detail erregte besondere Aufmerksamkeit: Einem der damals beteiligten Beamten, einem Hundeführer, wurden später rechtsextreme Ansichten vorgeworfen. Berichten zufolge hatte er im Internet Verschwörungstheorien und rechte Inhalte verbreitet. Polizeipräsidentin Wulff-Bruhn betonte jedoch, dass dies nichts mit dem fraglichen Einsatz zu tun habe. Der Beamte ist aufgrund einer dienstrechtlichen Verfügung derzeit nicht mehr im Dienst.


Mehr News:


Der Flüchtlingsrat Niedersachsen zeigt sich hingegen weniger überzeugt von den Ergebnissen der Ermittlungen. Muzaffer Öztürkyilmaz, Sprecher des Flüchtlingsrats, forderte eine „lückenlose gerichtliche Aufklärung“ der Todesumstände. Besonders kritisiert er die Nähe der Staatsanwaltschaft Verden zur Polizei Nienburg, was einen Interessenkonflikt darstellen könnte. Zudem müsse geprüft werden, ob rassistische oder rechtsextreme Einstellungen der Polizisten das Vorgehen beeinflusst haben könnten. (mit dpa)