VW steckt tief im Krisensumpf – das spürt man auch und vor allem in der VW-Stadt Wolfsburg. Hier ist die Verunsicherung groß. Zu viele Fragen sind noch offen.
Thomas Hoffmann ist Pfarrer in Wolfsburg. Er kennt die Wolfsburger Seele. Jetzt findet er offene Worte – und macht Hoffnung.
VW: Pfarrer beschreibt Stimmung
Gegenüber dem Kirchen-Portal „katholisch.de“ kritisiert der Seelsorger die Krisen-Kommunikation des Konzerns – und auch die Berichterstattung mancher Medien. Eine so unübersichtliche Gemengelage wie derzeit bei VW lasse die Gedanken kreisen – „und das macht die Situation nicht klarer, sondern führt zu Verunsicherungen und Gerüchten.“ Bei der bundesweiten Berichterstattung wiederum habe er manchmal den Eindruck, dass dabei auch neidbasierte Häme im Spiel ist und den „reichen Wolfsburgern“ aufs Brot geschmiert werden soll, was sie in den vergangenen Jahren angeblich alles falsch gemacht haben.
In seiner Gemeinde und in der Stadt Wolfsburg nehme er ein Stimmungsgemisch wahr – angespannt, latent aggressiv, fassungslos, bedrückt. „Das Narrativ von der großen VW-Familie, bei der Vorstand, Management, Mitarbeitende und Aktionäre zusammenstehen, gemeinsam an einer großen Sache arbeiten und dabei gleichermaßen profitieren, hat sich als nette Geschichte für gute Zeiten erwiesen, an die in schweren Zeiten niemand mehr glauben kann“, sagt Hoffmann.
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Um die aktuelle Situation zu verstehen, sei es wichtig zu wissen, dass die VW-Krise sehr häufig nicht Menschen betreffe, die vorher ein unkompliziertes und leichtes Leben hatten. Schon vor den Entwicklungen der vergangenen Wochen seien vor allem viele junge Familien am Rande ihrer Kräfte gewesen, sagt der Pfarrer: „Ihr Alltag war schon zuvor oft von Überforderung, Anspannung und Sorgen geprägt. Die jetzige Krise bei VW trifft vielfach also auf sehr erschöpfte Menschen. Und obendrauf kommen nun ganz konkrete Existenzängste und Fragen. Zum Beispiel: Was mache ich, wenn mein Lebensentwurf ins Wanken gerät?“
„Krisen können lebensgefährlich sein. Oft aber ist eine Krise die verschlossene Tür zu neuen Perspektiven, neuen Chancen, neuen Menschen, neuem Leben.“
Pfarrer Thomas Hoffmann bei katholisch.de
Natürlich sei er kein Prophet, der sagen kann, was noch alles auf VW und Wolfsburg zukommt. „Aber ganz sicher werden wir in den nächsten Jahren nicht die Hände in den Schoß legen und den vergangenen Zeiten hinterherjammern, sondern mit Kreativität, Mut und Gemeinsinn das Kommende gestalten. Das jedenfalls ist meine Hoffnung und meine Überzeugung“, sagt Hoffmann. Als Seelsorger habe er viele menschliche Krisen begleiten dürfen. „Krisen können lebensgefährlich sein. Oft aber ist eine Krise die verschlossene Tür zu neuen Perspektiven, neuen Chancen, neuen Menschen, neuem Leben“, sagt der Wolfsburger Seelsorger.
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Krisenbewältigung heiße, an dieser Tür zu rütteln und sie dann auch zu öffnen, den Kopf nicht in den Sand zu stecken, alle Kraft zusammenzunehmen und loszugehen. Für den Pfarrer ist VW „wie ein Riesendampfer, der schwer zu steuern, zu bremsen und auf neuen Kurs zu bringen ist.“ Er hoffe sehr, dass das dem Vorstand und allen Verantwortlichen bald gelingt.