Gastarbeiter haben einen entscheidenden Anteil am Aufschwung, den Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg erlebt hat. Auch VW konnte von ihnen mächtig profitieren.
Ein ehemaliger Gastarbeiter und Mitarbeiter von VW erinnert sich an die Zeit.
VW: 3100 Italiener im VW-Stammwerk
Anlass für den Rückblick ist eine Zahl: Vor 60 Jahren kamen die ersten italienischen Gastarbeiter in Wolfsburg an – genauer: am 17. Januar 1962. 100 Menschen aus Italien machten den Anfang, viele weitere folgten. Ende 1962 arbeiteten dann bereits über 3100 Italiener im VW-Stammwerk.
Einer von ihnen: Bruno Coppi, der in einem Beitrag des NDR über seinen Werdegang spricht. Der Anfang war nicht nur für ihn, sondern auch für viele andere beschwerlich: Oft kamen die Menschen ohne Sprachkenntnisse, ohne Angehörige. So berichtet Coppi, dass er im Supermarkt, wenn er Eier kaufen wollte, „Kikeriki“ sagte – damit klar war, was er haben wollte. „Pasta hat man selten gefunden“, berichtet er. Denn in den 1960er-Jahren war die Küche in Deutschland noch „typisch deutsch“. Italienische Nudeln, wie man sie heute überall bekommt, noch eher selten.
————–
VW-Werke in Deutschland:
- Braunschweig
- Chemnitz
- Dresden
- Emden
- Hannover
- Kassel
- Osnabrück
- Salzgitter
- Wolfsburg
- Zwickau
————–
Coppi ist einer von vielen Gastarbeitern: Zusammengerechnet waren es über die Jahre 35.000 Arbeitskräfte – und später auch deren Familien. So zog es rund 60.000 Menschen nach Wolfsburg, berichtet Christian Matzedda von der IG Metall. Viele haben sich in Wolfsburg ein Leben aufgebaut. Sind geblieben, haben die Kultur der Stadt nachhaltig mitgeprägt. Etwa mit dem Fußballclub „Lupo“, in dem Coppi heute noch aktiv ist – genauso wie sein Sohn und sein Enkel.
VW: Deutschland damals schon ein Einwanderungsland
Mittlerweile empfinden daher viele den Begriff „Gastarbeiter“ als problematisch. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) bat schon Ende 2020, auch stellvertretend für die Regierung, um Verzeihung. „Man hat zunächst nur Arbeitskräfte gesehen, nicht Menschen mit ihren Bedürfnissen. Die sogenannten Gastarbeiter haben unserem Land sehr gutgetan“, sagt der Minister. De facto sei Deutschland damals schon ein Einwanderungsland gewesen. Auch in der Wissenschaft ist es weitestgehend Konsens, dass die Stabilisierung des Wirtschaftswunders ohne diese Menschen nicht gelungen wäre.
————–
Mehr VW-News
VW-Bericht: Herbert Diess hat Corona – SO geht es dem Konzernchef
VW: Mitarbeiter warnt Konzern vor „großem Betrug“ – dann erhält er die Kündigung
————–
Coppi bereut seine Entscheidung, nach Deutschland gegangen zu sein, nicht: „Wir haben gut verdient“, erzählt er. Trotz Überstunden und viel Arbeit. „Mamma Volkswagen“ haben er und seine Kollegen den Konzern genannt. Coppi hat sich wie viele andere wohlgefühlt. Statt – wie vom Staat ursprünglich geplant – schon bald wieder nach Italien zurückzukehren, ist er geblieben. Mittlerweile lebt er seit 62 Jahren in Deutschland. Die Familie ist VW treu geblieben: Auch sein Sohn und sein Enkel arbeiten für den Autobauer, erzählt der Senior im NDR-Beitrag. (dpa/evo)