Wolfsburg.
Et voilà: VW hat eine neue Jobdebatte. Hausgemacht in Wolfsburg.
Darüber, dass das Unternehmen sich verschlanken und umstellen muss, herrscht mehr oder weniger Einigkeit im Volkswagen-Konzern. In der Frage der Kommunikation und Umsetzung reißen aber tiefe Gräben zwischen VW-Management und VW-Betriebsrat auf. Schon wieder…
VW: Wie schief hängt der Haussegen?
Der neu aufgeflammte Streit zwischen VW-Chef Herbert Diess und mehreren Mitgliedern des Aufsichtsrats verschärft sich wie es aussieht weiter.
Kurz vor einer Informationsveranstaltung für die Belegschaft am Stammsitz Wolfsburg machten am Mittwoch abermals Spekulationen die Runde, wonach der Manager mit dem Betriebsrat und dem Land Niedersachsen aneinandergeraten sein soll.
+++ VW: Farbattacke auf Haus von Herbert Diess – DAS schmierten Unbekannte auf die Tür +++
Dass der VW-Chef Diess womöglich in Ungnade gefallen sei, wollte in Konzernkreisen niemand offen sagen. Aber die Stimmung, so hieß es bei mehreren Personen im Umfeld der Kontrolleure, sei denkbar schlecht.
Offenbar Misstrauensvotum gegen VW-Chef Diess
Nach Informationen des „Handelsblatts“ etwa sollen führende Köpfe bei einer Besprechung in der vergangenen Woche Diess sogar ihr Misstrauen ausgesprochen haben. Vorbereitet sei inzwischen außerdem, den Vermittlungsausschuss im Aufsichtsrat mit der Vorstandsbesetzung zu befassen. Dass solche Verfahrensschritte förmlich schon eingeleitet worden seien, dementierte eine Quelle.
Unabhängig davon und ganz allgemein sei man jedoch zunehmend irritiert vom Verhalten des Konzernchefs. Von anderer Seite hieß es, es liefen in einem kleineren Kreis vertrauliche und konstruktive Gespräche zum weiteren Vorgehen.
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Das ist Herbert Diess:
- am 24.10.1958 in München geboren
- arbeitete zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Technischen Universität München und promovierte auf dem Gebiet der Montageautomatisierung
- ab 1990 war er Leiter Planung und Instandhaltung des Robert Bosch Werks Treto in Spanien
- 1996 wechselte er zur BMW AG nach München und übernahm dort wieder eine Leitungsposition
- 2007 wurde er in den Vorstand der BMW AG berufen
- 2012 wurde er Entwicklungsvorstand der BMW AG
- 1. Juli 2015: Aufsichtsrat der Volkswagen AG bestellte Diess zum Mitglied des Konzernvorstands
- seit 13. April 2018 Vorstandsvorsitzender der Volkswagen Aktiengesellschaft
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Der Haussegen bei Volkswagen hängt bereits seit einigen Wochen erneut schief. Vor allem Betriebsräte bemängeln den Kommunikationsstil von Diess und fühlen sich laufend provoziert. Unterstützer des Managers halten mit Blick auf die Lage am unterausgelasteten Stammsitz Wolfsburg seine Weckrufe zur Kostensituation dagegen für durchaus angebracht.
VW: Wie viele Jobs wackeln wirklich?
Ende September hatte Diess bei einer Aufsichtsratssitzung eine Zahl von angeblich bis zu 30.000 gefährdeten Jobs bei VW ins Spiel gebracht. Anschließend betonte er allerdings, das sei lediglich als mögliches „Extremszenario“ gemeint gewesen, falls das Unternehmen in den nächsten Jahren nicht deutlich effizienter werde und den Umbruch in Richtung E-Mobilität und Digitalisierung entschlossen fortsetze. >> VW-Boss Diess kündigt Stellenabbau für Wolfsburger Werk an – diese Bereiche könnte es treffen
Zu der für diesen Donnerstag geplanten Betriebsversammlung wollte Diess zunächst nicht kommen, sondern einen Termin bei US-Investoren vorziehen. VW-Betriebsratschefin und -Aufsichtsrätin Daniela Cavallo kritisierte ihn deshalb ungewöhnlich scharf und warf ihm vor, sich gerade in der aktuellen Gemengelage aus Produktionsausfällen, Kurzarbeit und Branchenwandel nicht für die Sorgen der Belegschaft zu interessieren. Später kündigte der Manager doch sein Erscheinen an.
Der 63-Jährige hatte gerade im Sommer einen neuen Vertrag bekommen – zuvor soll Diess eine vorzeitige Verlängerung eingefordert haben. >> Diess bleibt Chef bis 2025 – das sind seine Pläne für den Konzern und die Mitarbeiter
Mehrere Aufsichtsräte fühlten sich durch diese und andere Vorstöße unter Druck gesetzt. Mitte 2020 hatte es noch heftiger gekracht, als Diess Mitgliedern des Gremiums vor vielen Managern betriebsöffentlich Indiskretionen und ein kriminelles Verhalten vorhielt. Damals soll er dem Rauswurf nur durch eine persönliche Entschuldigung knapp entgangen sein. Bei manch einem herrscht Befremden über die als Alleingänge empfundenen Manöver – er lege immer wieder einen drauf.
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VW muss sich stark wandeln – Tesla greift an
In der Sache ist derweil klar, dass sich der größte deutsche Konzern in den kommenden Jahren stark wandeln muss – zumal in der Wolfsburger Zentrale, nicht weit entfernt von der neuen „Gigafabrik“ des Rivalen Tesla nahe Berlin. In der Industrie und bei Anlegern genießt Diess wegen seines Pochens auf mehr Rentabilität sowie der aufgestockten Milliardenausgaben für E-Modelle und neue Technologien hohes Ansehen.
Am Donnerstag soll die Belegschaft nun über den weiteren Kurs informiert werden, Diess will dabei auf Fragen der Beschäftigten eingehen. Die Mitarbeitervertretung erwartet dazu auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und IG-Metall-Chef Jörg Hofmann, die beide im VW-Aufsichtsratspräsidium sitzen.
Betriebsräte fordern für Wolfsburg mindestens ein zusätzliches Elektromodell, das vor dem wohl 2026 startenden Projekt „Trinity“ kommt.
VW: Chipkrise lässt Bänder stillstehen
Gleichzeitig bremsen die Chipkrise und teils der schwierige Bezug von Rohstoffen die Produktion absehbar aus. Zehntausende VW-Beschäftigte müssen seit Monaten immer wieder in Kurzarbeit. 2021 könnte in Wolfsburg so wenig produziert werden wie zuletzt Ende der 1950er Jahre. (dpa/red)