Bei Eintracht Braunschweig läuft es noch nicht. Nach neun Spieltagen stehen die Löwen mit fünf Punkten am Tabellenende der 2. Bundesliga, konnten nur ein einziges Mal gewinnen.
In der Länderspielpause hatte Eintracht Braunschweig zuletzt viel Zeit, um die Fehler der Vorwochen aufzuarbeiten. Schon am Freitag (20. Oktober) wollen die Löwen endlich die Wende schaffen. Wie das klappen soll, verrät Fabio Kaufmann im Interview mit News38.
Eintracht Braunschweigs Fabio Kaufmann im News38-Interview
Wir haben uns in der Länderspielpause mit Fabio Kaufmann von Eintracht Braunschweig getroffen. Im Gespräch mit News38 spricht der Mittelfeldspieler über die schwierigen Saisonstart, die Stimmung in der Mannschaft und seine Vertragssituation.
News38: Ihr befindet euch in einer schweren Lage, seid Letzter in der 2. Bundesliga. Wie gut tut es euch da, in der Länderspielpause auch mal den Kopf freizubekommen, abzuschalten, mal was anderes zu sehen und zu machen?
Fabio Kaufmann: Jede Länderspielpause tut gut, um mal ein bisschen durchzuschnaufen – und das ganz unabhängig vom Tabellenplatz. Mit dem 18. Platz kann man sicherlich nicht zufrieden sein. Ich bin jetzt schon lang genug dabei und war auch mit der Eintracht schon das ein oder andere Mal im unteren Tabellendrittel. Ich glaube, die Mannschaft und der Verein wissen mittlerweile damit umzugehen. Letztes Jahr waren wir am Anfang deutlich abgeschlagener und trotzdem haben wir es geschafft. Da ist noch einiges möglich.
Dennoch ist die Kritik in den letzten Wochen enorm gewesen. Wie nehmt ihr das als Mannschaft wahr?
Man kann nicht immer nur die Sonnenseiten des Lebens haben. Man möchte für einen Traditionsverein spielen, man möchte Profifußball spielen, dann muss man auch damit klarkommen, in der Öffentlichkeit zu stehen. Es ist normal, dass Fans auch mal Kritik äußern, wenn es nicht so gut läuft. Ich denke, dass wir sehr treue Fans haben, und auch jetzt habe ich nicht das Gefühl, dass sie uns nicht unterstützen. Natürlich sind sie unzufrieden, das sind wir aber auch. Ich finde, die Kritik war bisher berechtigt – und da stehe ich auch voll hinter.
Trotzdem sage ich auch, dass wir unser letztes Hemd geben. Dass wir versuchen, alles rauszuholen. Es ist keine resignierende Mannschaft zu sehen – und das ist mir immer wichtig. Uns hat es letztes Jahr stark gemacht, dass wir auch durch die tiefen Täler gemeinsam gegangen sind. Ich glaube, zwischen die Fans und die Mannschaft passt kein Blatt Papier. Das ist etwas, aus dem man dann viel Kraft ziehen kann.
Heißt das, dass es in der Mannschaft noch funktioniert? Oder gibt es da jetzt auch schon mal mehr Reibungspunkte?
Überhaupt nicht. Ich glaube, dass es uns auch uns letztes Jahr schon ausgezeichnet hat. Wir sind eine sehr homogene Mannschaft. Das heißt nicht, dass wir uns gegenseitig in die Tasche lügen, sondern da kann es auch mal reiben. Ich sage immer: Das ist wie in der Familie, da gibt es mal Meinungsverschiedenheiten und trotzdem hat man sich lieb.
Wir gehen alle in dieselbe Richtung, es gibt überhaupt keinen Zerfleischungs-Prozess oder so etwas – im Gegenteil. Wir müssen gerade auf die Kleinigkeiten achten, wenn es nicht so läuft, uns noch mehr pushen und auch mal die Meinung sagen. Ich muss wirklich sagen, da geht überhaupt nichts in die falsche Richtung. Ich bin zuversichtlich, dass wir da gemeinsam wieder rauskommen aus der Situation.
„Jeder muss jetzt versuchen in die Rolle von Tony reinzuschlüpfen“
Ihr habt oft gut gespielt, aber der Ball wollte vorne einfach nicht reingehen. Wollt ihr an der taktischen Ausrichtung festhalten oder gibt es Überlegungen, da etwas anzupassen?
Die Spieler sind natürlich immer im engen Austausch mit dem Trainer, aber am Ende entscheidet der Coach. Wir haben ein gutes Gefühl in dem System. Es ist ja nicht so, dass wir uns hinten einmauern, sondern im Gegenteil: Wir erarbeiten uns sehr gute Chancen. Aber natürlich müssen wir die am Ende in Zählbares ummünzen.
Ohne jetzt zu weit nach oben in der Tabelle zu schauen, aber wenn ich jetzt mal St. Pauli als Beispiel nehme. sie hatten am Anfang der Saison dasselbe Problem. Sie haben gut gespielt, aber das Tor einfach nicht getroffen. Ich denke, dass wir momentan in einer ähnlichen Phase sind. Aber natürlich mit allem Respekt. Wir sind Tabellenletzter, das wissen wir schon auch einzuordnen.
Man muss Vertrauen in das haben, was man tut. Die Torchancen, die wir uns rausspielen, an denen müssen wir weiterarbeiten, und dann muss bei uns einfach der Knoten platzen. Dass man hinten mal zu Null spielt, dass wir vorne einfach mal zwei, drei Dinger über die Linie drücken. Dann fällt es uns vielleicht in den nächsten Spiel einfacher. Ich bin da zuversichtlich. Schon im letzten Jahr habe ich den Spruch „Totgeglaubte leben länger“ benutzt. Da wurden wir gefühlt nach dem sechsten Spieltag abgeschrieben. Jeder hat uns als Absteiger Nummer eins gesehen und am Ende haben wir den direkten Klassenerhalt geschafft.
Anthony Ujah hat die Hälfte eurer Saisontore erzielt, jetzt fällt er noch länger aus. Wie sehr fehlt er euch?
Tony hat es sehr gut gemacht, er fehlt uns natürlich. Ich finde aber, dass wir auch jetzt schon gezeigt haben, dass wir weiterhin Torgefahr ausstrahlen können. Wir haben es nur noch nicht in Tore umgemünzt. Daran müssen wir arbeiten. Jeder muss jetzt versuchen, in die Rolle von Tony reinzuschlüpfen, indem er die Bälle einfach finalisiert. Da arbeiten wir dran. Im Fußball reicht manchmal eine Aktion, ein Tor oder ein Ergebnis, um die ganze Situation wieder umzudrehen und auf das arbeiten wir hin. Wir sind sehr akribisch, wir trainieren hart, auch jetzt in der Länderspielpause. Ich bin mir sicher, dass wir zeitnah auch ergebnistechnisch etwas anderes auf die Anzeigetafel bringen.
Woran arbeitet ihr in der Länderspielpause? Standards wären beispielsweise der leichte Weg zum Tor. Ist das ein Thema?
Man versucht sich in der Länderspielpause in allen Dingen zu hinterfragen. Auch die Standards sind natürlich ein Thema. Wir haben ein gutes Mittelmaß gefunden zwischen Dingen, die wir festigen müssen, weil sie gut funktioniert haben und eben Sachen, die wir aufarbeiten und verbessern müssen. Wir sind da wirklich sehr, sehr kritisch. Wir versuchen alles immer zu hinterfragen, das machen wir aber auch ganz losgelöst vom Tabellenplatz. Das haben wir auch gemacht, nach dem wir das Schalke-Spiel gewonnen haben. Da war auch nicht alles rosig. Das ist ein fortlaufender Prozess, der vielleicht in der Länderspielpause noch mal ein bisschen intensiver ist, als sonst.
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„Im Januar, Februar werden die ersten Gespräche geführt“
Im besagten Schalke-Spiel hast du das Siegtor gemacht. Wie zufrieden bist du persönlich mit der bisherigen Saison?
Erst einmal bin ich natürlich froh, dass ich jetzt so viel Spielzeit bekommen habe. Wenn man 18. ist, muss man sich aber immer auch selbst hinterfragen. Dann ist nichts bei 100 Prozent. Und bin ich einfach kein Freund davon, mit dem Finger auf andere zu zeigen. Ich weiß, dass auch ich an mir weiterarbeiten muss. Jeder muss selbstkritisch sein. Das weiß hier auch jeder bei uns. Es nimmt sich keiner zu wichtig. Bei uns ist die Mannschaft der Star.
Ihr Vertrag läuft noch bis Sommer. Gab es schon Gespräche? Kannst du dir vorstellen, bei der Eintracht zu bleiben?
Sowohl von Vereinsseite als auch von meiner Seite hat man noch keine Sekunde daran verschwendet, an den Sommer zu denken. Es ist wirklich noch sehr früh. Das Einzige, was für mich wichtig ist, ist wirklich die aktuelle Situation. Wir versuchen an so viele Stellschrauben zu drehen, da steht meine vertragliche Situation momentan wirklich hinten an. Da bleibt keine Zeit für. Für mich ist das Wichtige, dass wir unsere Saisonziele erreichen.
Im Januar, Februar werden die ersten Gespräche geführt. Ich fühle mich hier wohl, ich identifiziere mich voll mit dem Verein und auch mit der Mannschaft.
Elversberg vor der Brust, das Derby im Kopf?
Der nächste Gegner ist Elversberg, ein direkter Konkurrent um den Klassenerhalt. Wie wichtig wird dieses Spiel?
Der HSV hat gerade erst in Elversberg verloren – da muss man sagen: ‚Die Jungs können Fußball spielen‘. Und das soll überhaupt kein Understatement sein. Natürlich sollten wir schon zusehen, dass wir jetzt punkten und da ist das Spiel in Elversberg genauso wichtig, wie das kommende Heimspiel oder das Derby. Wir müssen einfach punkten, da ist der Gegner momentan egal.
Du hast das Derby gegen Hannover gerade schon angesprochen. In zwei Wochen ist es so weit. Sprecht ihr in der Mannschaft schon drüber oder sagt ihr: Nur Elversberg zählt jetzt?
Das Derby ist wirklich noch kein Thema. Wir wissen natürlich, vor allem die Spieler, die dann letztes Jahr auch schon hier waren, was dieses Spiel für Auswirkungen hat und wie man da das Umfeld mobilisieren kann. Wir wissen, wie wichtig dieses Derby ist, aber wir wissen auch, wie wichtig erst einmal die nächsten Spiele sind. Der volle Fokus liegt auf dem nächsten Spiel. Das Derby wird früh genug thematisiert. Letztes Jahr haben wir sehr gute Erfahrungen im Derby gemacht und wir wissen, was das auslösen kann.
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Schon jetzt droht ihr den Anschluss an das rettende Ufer zu verlieren. Schaut man in so einer Situation auch mal auf die Tabelle?
Ich kann natürlich nicht in jeden Spieler reinschauen und es gibt sicherlich Spieler, denen das etwas näher geht. Mich persönlich interessiert es wirklich wenig. Ich kann die Tabelle nicht ändern, wenn ich mir sie anschaue. Ich kann sie immer nur in eineinhalb Stunden am Wochenende ändern. Der Tabellenplatz macht mich nicht nervös. Ich vertraue in unsere Stärke und ich weiß, was wir können. Ich bin voll überzeugt, dass wir aus diesem Negativstrudel auch wieder rauskommen.
Hast du ein Spiel, auf das du dich besonders freust – mal abgesehen vom Derby?
Also für mich persönlich waren immer schon die Spiele in Hamburg, auf Schalke und natürlich das Derby was Besonderes. Wenn man für Eintracht Braunschweig spielt, ist das einfach das absolute Highlight-Spiel, das muss man so sagen. Aber von mannschafts- und vereinstechnischer Seite freue ich mich eigentlich auf den letzten Spieltag, weil da das Philosophieren ein Ende hat. Letztes Jahr waren wir auf der glücklichen Seite – und ich bin überzeugt, dass wir auch dieses Jahr glücklich sein werden.