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Salzgitter: Türkei-Helfer riskieren ihr eigenes Leben – „Kann sein, dass wir nicht mehr zurückkommen“

Drei Männer aus Salzgitter wollen im Erdbeben-Gebiet in der Türkei helfen. Ihre Anreise war schon heftig. Aber es sollte noch viel schlimmer kommen…

© IMAGO / SNA

Organspende rettet Leben – und zwar so

Warum es keinen Grund gibt, keine Entscheidung für oder gegen die Organspende zu treffen, siehst du im Video.

Nach dem Erdbeben in der Türkei und in Syrien vor einer Woche schwinden die Hoffnungen immer mehr, Menschen lebend aus den Trümmern bergen zu können. Die Lage in dem Erdbeben-Gebiet ist katastrophal.

Viele Helfer geben aber nicht auf, riskieren ihr eigenes Leben, um zu helfen. Sinan Karayagiz aus Salzgitter und zwei seiner Freunde sind mittendrin. Ihre Schilderungen sind schwer zu ertragen.

Salzgitteraner Helfer schildert Eindrücke

Ganz schlimm sei der Verwesungsgeruch, der in den Straßen herrscht. Daneben dann noch die schrecklichen Bilder, die wohl kein Helfer mehr vergisst. „Hier ist ein Katastrophen-Zustand. Die Kinder haben alle Hunger, die sterben hier bald alle“, schildert Sinan hörbar emotional gegenüber News38 am Montag (13. Februar). Hinzu komme die eisige Kälte. Die Tatsache, dass man sich kaum wärmen könne. Dass kaum Elektrik da sei, kaum Kommunikation stattfinden könne. Auch der Kontakt zu News38 war schwierig.

Sinan liegen vor allem die vom Erdbeben betroffenen Kinder am Herzen.
Sinan liegen vor allem die vom Erdbeben betroffenen Kinder am Herzen. Foto: Salzgitterinfos

Ursprünglich habe man ja auch eigentlich eh alles nur zu einer Sammelstelle nach Hannover bringen wollen. Die Leute da seien aber nicht zuverlässig gewesen – „deshalb hatten wir auf einmal die ganzen, teils echt teuren Sachen“. Neben Apotheken und Edeka-Märkten hätten auch Bau-Unternehmen gespendet. „Wir haben sogar Bohrmaschinen und Steinhämmer bekommen.“ Insgesamt 15 große Maschinen seien an Bord.

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Dann sei alles ganz schnell gegangen: „Wir haben zu dritt beschlossen, runterzufahren und zu helfen. Wir haben alles sortiert und unserer Familie und Freunden in der Türkei Bescheid gesagt, dass wir kommen. „Unser Ziel war es, konkret mit dem zu helfen, was die Menschen in den zerstörten Gebieten wirklich brauchen.“ Also habe man zum Beispiel viele Powerbanks, Taschenlampen, einen Diesel-Generator, Kabeltrommeln sowie Bauhandschuhe und Helme mitgenommen. „Unseren Beruf als Gastronomen haben wir erstmal aufgegeben“, sagt der Dönerbuden-Betreiber aus Salzgitter.

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Nach dem schweren Erdbeben in der Türkei war auch in Salzgitter die Spenden-Bereitschaft. Foto: Rudolf Karliczek

Die 3.200 Kilometer Reise bis in die schwerst erschütterete Stadt Kahramanmaras sei dann aber mit einem „Worst Case“ gestartet. Erstens sei schnell sei klar gewesen, dass der Anhänger am Auto überladen war und das Trio so kaum vorwärts kam. Daher habe man bei Dresden die Spenden umladen und teils auch wieder abladen müssen. „Wir haben zum Beispiel Jacken in Deutschland gelassen, weil wir gehört hatten, dass Werkzeuge noch mehr gebraucht werden.“ Zweitens sei die Lage auf den Straßen katastrophal gewesen. Es habe überall Unfälle gegeben. In Tschechien habe Schneechaos geherrscht, in Ungarn habe man die Straßenmarkierungen nicht mehr sehen können.

Von Salzgitter nach Kahramanmaras

Gleichzeitig gibt Sinan aus Salzgitter zu, dass sein Auto viel zu schwer war. „Wir riskieren also auch unsere Führerscheine und unsere Existenz. Aber das machen wir, um den Leuten im Beben-Gebiet zu zeigen, dass jemand da ist, dem man vertrauen kann.“ Er tue alles für sein Land, wobei ihm Deutschland genauso wichtig sei. Dennoch würd er für sein Mutter- und Vaterland alles aufgeben. „Diese Menschlichkeit sollte man zeigen, finde ich.“


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In der Türkei seien sie geschult worden, um beim Bergen der Opfer mitzuhelfen. Sie seien offiziell als Helfer angemeldet. „Natürlich ist das lebensgefährlich, aber das haben wir in Kauf genommen.“ Wir haben uns alle von unseren Familien verabschiedet: „Wir sehen uns das letzte Mal – so es Gott will“, sage man im Türkischen. „Das heißt, es kann sein, dass wir lebend zurückkommen. Es kann aber auch sein, dass wir nicht mehr zurückkommen.“ Das sei ihnen aber egal. Der Wunsch, Menschen- und Tierleben zu retten, sei viel größer. „Alles, was lebt, soll geborgen werden.“

Eine Woche nach dem Beben

Am frühen Montagmorgen vor einer Woche hatte das erste Beben der Stärke 7,7 um 2.17 Uhr MEZ die Region erschüttert, Stunden später folgte ein zweites schweres Beben der Stärke 7,6. Die Zahl der bestätigten Toten lag am Montagmorgen (13. Februar) bei mehr als 35.000, davon in Syrien laut Weltgesundheitsorganisation WHO mindestens 5.900. Der UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths rechnete am Sonntag sogar mit bis zu 50.000 Toten. Tausende werden noch vermisst. Hier kannst du spenden.

Sieben Tage nach dem Erdbeben sei angesichts der niedrigen Temperaturen die Wahrscheinlichkeit, noch Menschen lebend bergen zu können, nur noch sehr gering, hieß es aus Kahramanmaras. Foto: IMAGO / SNA

Auch ein Chefreporter dieser Redaktion ist unmittelbar von dem Türkei-Beben betroffen. Er hat seinen Oma verloren. Hier fasst er seine Gedanken und Gefühle zusammen.