Salzgitter.
Der Fall des niederländischen Kriminal-Journalisten, der nach einer Live-Sendung auf offener Straße erschossen wurde, zeigte erst am Mittwoch, dass Reporter mitunter gefährlich leben.
Auch ein Foto-Journalist aus Salzgitter hat erfahren, wie ist, als Reporter vor Ort angegangen oder angefeindet zu werden. Er will sich das nicht weiter gefallen lassen und hat deshalb am Mittwoch vor dem Amtsgericht Salzgitter gesprochen.
Salzgitter: Foto-Journalist von Clan-Mitgliedern bedroht
Als Reporter ist der Mann, der anonym bleiben möchte, in Salzgitter oft vor Ort, wenn die Polizei oder das SEK im Rahmen von Ermittlungen die Räume eines stadtbekannten Clans durchsucht.
Dabei kam es schon mehrfach zu unangenehmen Begegnungen mit den Clan-Mitgliedern, die den Journalisten dazu aufforderten, keine Fotos der Situationen zu machen – auch im Alltag. „Die haben mich auf der Straße angemacht und aggressiv angesprochen, dass ich sowas nicht machen soll bei dieser Familie“, schildert der 60-Jährige gegenüber News38.de. Auch per Whatsapp wurde er bedroht.
Die Polizei riet dem Fotografen immer wieder dazu, Strafanzeige wegen Nötigung zu stellen – „sonst wird es nie ein Ende haben“, zitiert er einen Beamten.
Auch wenn es bisher nur bei verbalen Angriffen blieb, führte eine Razzia im Oktober 2020 zu einem Wendepunkt. Als das SEK eine Shisha-Bar in Salzgitter durchsuchte, begleitete der Foto-Reporter das Geschehen von der gegenüberliegenden Straßenseite aus. Da kam ein junger Mann auf ihn zu, forderte ihn auf, nicht weiter zu fotografieren. „Ich sagte ihm, dass ich hier fotografieren darf und er das nicht zu entscheiden hat“, schildert der Journalist – der Mann drohte daraufhin: „Ich schieb dir gleich die Kamera in deinen Arsch“.
Die Einsatzkräfte vor Ort wurden aufmerksam auf die Situation, kamen dem Journalisten zur Hilfe, der schließlich Strafanzeige erstattete.
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Salzgitter: Reporter erstattet Anzeige wegen Nötigung
„Diese Menschen müssen wissen, dass man sich wehrt und dass sie nicht machen können, was sie wollen“, sagt der Journalist. Mit seiner Anzeige möchte er „ein Zeichen setzen für Journalisten in Deutschland“. Es sei das Recht von ihm und anderen, im öffentlichen Raum Dinge zu dokumentieren und festzuhalten.
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Tatsächlich ist es Journalisten im öffentlichen Raum erlaubt, andere Menschen und Orte zu fotografieren und zu filmen. Anders verhält es sich mit der Zuschaustellung von hilflosen Personen.
Einige Menschen hätten den Fotografen davor gewarnt, gegen das Clan-Mitglied strafrechtlich vorzugehen – das ist für ihn jedoch keine Option. „Sonst muss ich demnächst noch mit Security zu Lagen fahren, oder was?“, fragt er sich. „Es trauen sich sehr wenige, aber wenn man gar kein Rückgrat zeigt, machen sie immer weiter.“
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Bei der Verhandlung am Mittwoch bestritt der Beschuldigte die Vorwürfe, spricht gar von einem Doppelgänger und dass ihm die vorgeworfenen Worte gar nicht eindeutig zu zuordnen seien. Weil die Polizisten, die vor Ort eingegriffen hatten, am Mittwoch nicht aussagen konnten, wird die Beweisaufnahme vertagt und im Herbst fortgesetzt.
Immerhin haben die Bedrohungen gegen den Foto-Journalisten aus Salzgitter vorerst ein Ende gefunden. (kv)