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Erdogan-Proteste – wie es in der Türkei jetzt weitergeht

Nach der Inhaftierung des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem Imamoğlu, fragen viele Menschen: Wie geht es weiter? Experten nennen drei Szenarien.

Erdogan-Proteste
© IMAGO/ABACAPRESS

Erdogan: Das ist der Machthaber der Türkei

Recep Tayyip Erdogan ist langjähriger Machthaber in der Türkei. Wir stellen den türkischen Präsidenten vor.

Seit der Inhaftierung des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem Imamoğlu laufen die Menschen Sturm. Viele fragen: Wie geht es weiter? Experten nennen drei Szenarien.

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Die türkische Regierung gibt sich hart. Sie werde nicht zulassen, dass „die Straßen terrorisiert werden“, wie es Innenminister Ali Yerlikaya mitteilte. Das Resultat bisher: 1133 festgenommene Menschen und 123 verletzte Polizisten.

Erdogan-Proteste: Drei Szenarien sind denkbar

Doch wie geht es weiter? Diese drei Szenarien sind jetzt denkbar:

1. İmamoğlu kommt frei

Doch das ist das unwahrscheinlichste Szenario. Wieso? Macit Karaahmetoğlu (56, SPD), Bundestagsabgeordneter und Präsident der deutsch-türkischen Gesellschaft, sagt dazu zu „Bild“: „Sollte Imamoğlu tatsächlich freikommen, wäre das das Ende der Ära Erdogan. Imamoğlu ist ja schon so stark und er würde dann noch größer, quasi als Held herauskommen, um Erdogan zu besiegen.“

Imamoğlu ist für Erdogan politisch gefährlich und der internationale Druck auf Erdogan hält sich zurzeit noch in Grenzen. Auch Türkei-Experte Yunus Ulusoy vom Essener Zentrum für Türkeistudien und Integrationsforschung hält das für unwahrscheinlich: Es würde dazu führen, „dass er zu einem Volkshelden wird.“

2. Die Protestanten geben auf

Auf dieses durchaus mögliche Szenario wird wohl Erdogan hoffen, wie Karaahmetoğlu glaubt. Der Türkei-Machthaber spekuliere darauf, „dass die Demonstrationen bald abebben, weil den Türken die Kraft zum Demonstrieren ausgeht.“ Doch er hält es für unwahrscheinlich: „Das liegt auch daran, dass die Oppositionspartei CHP ziemlich Druck macht.“

Auch Ulusoy hält es für möglich, „dass diese Proteste erst mal anhalten und dann womöglich wieder zum politischen Tagesgeschäft übergehen.“ Trotzdem, so der Experte zu „Bild“, sei die Festnahme eine „politische Zäsur für die türkische Opposition und für die türkische Politik“, deren Ausgang „offen“ sei.

3. Erdogan schlägt die Proteste nieder

Auch dieses Szenario ist wahrscheinlich. Doch Erdogan bräuchte dafür einen Vorwand. Karaahmetoğlu sieht bereits „Anzeichen dafür, dass hier sogenannte ‚Agents Provocateur‘ eingesetzt werden. Also Leute, die von staatlicher Seite geschickt werden, um die Demonstranten dazu anzustiften, Straftaten zu begehen. Damit hätte Erdogan dann eine Rechtfertigung, um die Demonstrationen blutig niederzuschlagen.“

Auch für Ulusoy ist dieses Szenario wahrscheinlich: „Erdogan wird darauf hoffen, dass die Demonstrationen sich von selbst beruhigen. Sollte das nicht eintreten, wird er andere Wege suchen wollen.“ Ziel: „Die Demonstranten so einzuschüchtern, dass sie keine Rolle mehr spielen.“