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„Hallo Niedersachsen“: Nach Göttinger Bademantel-Einsatz hagelt es Kritik – „Rassistisch und martialisch“

Polizisten und Stadt-Mitarbeiter haben ein Göttinger Wohngebäude unter die Lupe genommen. Jetzt hagelt es Kritik, wie „Hallo Niedersachsen“ berichtet.

Polizisten, zum Teil in Schutzkleidung, kontrollieren Anwohner vor einem Wohnkomplex. Zahlreiche Polizisten und städtische Mitarbeiter haben am Dienstag einen Göttinger Wohnkomplex untersucht. An dem Einsatz gibt es nun Kritik.
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Nach der Aktion in dem heruntergekommenen Wohnkomplex hagelt es Kritik am Vorgehen der Behörden, wie auch das NDR-Magazin „Hallo Niedersachsen“ berichtete.

„Hallo Niedersachsen“: Einsatz unverhältnismäßig?

Was war los? Stadt und Polizei Göttingen führten am Dienstagmorgen (9. April) eine Begehung in dem Gebäude an der Groner Landstraße in der Nähe des Bahnhofs durch, wie sie in einer Pressemitteilung mitteilten. Aktivisten bezeichneten das Vorgehen als „rassistisch und martialisch“. Am Nachmittag gab es deshalb vor dem Rathaus eine spontane Kundgebung, an der laut Polizei rund 200 Personen teilnahmen.

Das Ziel der Begehung war laut Angaben der Stadt und Polizei die Verbesserung der Umstände für die dort lebenden Bewohner. Es habe immer wieder Beschwerden von Bewohnern gegeben. Die Begehung solle nun einen Grundstein für das weitere Vorgehen legen. Zudem seien unter anderem die Rettungswege, der Brandschutz sowie mögliche Hygienemängel überprüft worden. Dabei seien unter anderem bauliche Mängel und Ungeziefer-Befälle festgestellt worden. Es brauche eine lückenlose Bestandsaufnahme, damit die Stadt helfen könne, sagte Göttingens Sozialdezernentin Anja Krause.

„Hallo Niedersachsen“: 200 Polizisten im Einsatz

Laut den Aktivisten stürmten etwa 200 maskierte Polizisten das Gebäude am Dienstagmorgen. „Wir sind empört über dieses Vorgehen und die Achtlosigkeit der Stadt und Polizei Göttingen im Umgang mit einem Wohnkomplex, in dem vor allem Familien zu Hause sind“, sagte eine Sprecherin der Gruppierung Basisdemokratische Linke. Auf einem Bild war ein Mann in einem Bademantel zu sehen, der auf einem Bürgersteig wartete, während Polizisten Papiere überprüften. 

Polizisten, zum Teil in Schutzkleidung, kontrollieren Anwohner vor einem Wohnkomplex. Zahlreiche Polizisten und städtische Mitarbeiter haben am Dienstag einen Göttinger Wohnkomplex untersucht. An dem Einsatz gibt es nun Kritik.
Polizisten, zum Teil in Schutzkleidung, kontrollieren Anwohner vor einem Wohnkomplex. Zahlreiche Polizisten und städtische Mitarbeiter haben am Dienstag einen Göttinger Wohnkomplex untersucht. An dem Einsatz gibt es nun Kritik. Foto: picture alliance/dpa

Eine „Es kann mir keiner erzählen, dass das nur eine ‚Wohnungskontrolle‘ war, ob ein Badezimmer feucht ist. Da steht etwas anderes dahinter. Ich finde es empörend, mit Menschen so umzugehen“, sagte eine Göttingerin zu „Hallo Niedersachsen“. „Das ist Rassismus und stigmatisiert die Bewohner!“

Der Rechtsberater des Deutschen Mieterbundes Göttingen, Nils Spörkel, schrieb bei X: „Das Wording der Göttinger Polizei erklärt nicht einmal im Ansatz, warum ohne jede Vorwarnung mehrere Hundertschaften überfallartig noch vor Sonnenaufgang den Komplex besetzt haben.“ Seiner Ansicht nach verfolgten die Behörden andere als die offiziell genannten Ziele – auch „strafprozessualer Natur“.

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Auch die Göttinger Grünen stellten den Einsatz in Frage: Dass die Wohnverhältnisse mal zum Thema werden, sei ja gut, hieß es aus der Göttinger Grünen-Fraktion laut NDR. „Aber dafür ein solch massiver Einsatz im Morgengrauen?“ Und weiter: Für Menschen, die aus einem Land kommen, in dem Polizeigewalt zum Staatsapparat gehöre, könne ein solcher Einsatz retraumatisierend sein.

„Hallo Niedersachsen“: Komplex 2020 abgeriegelt

Für Schlagzeilen hatte der Wohnkomplex bereits einmal während der Pandemie gesorgt. 2020 wurde der gesamte Block wegen eines breiten Infektionsgeschehens abgeriegelt – letztlich zu Unrecht, wie ein Gericht im Dezember feststellte.

Sozialdezernentin Krause sprach auf einer Pressekonferenz davon, dass der Einsatz in Ruhe und ohne Hektik abgelaufen sei. Es habe zudem freiwillige Gespräche mit den Bewohnern gegeben, über die sich die Bewohner gefreut hätten. Anders als teilweise in Medien behauptet seien auch keine Türen gewaltsam geöffnet worden, betonte ein Stadtsprecher. Darüber hinaus seien Info-Hotlines eingerichtet worden und Dolmetscher hätten die Beamten begleitet. 

„Hallo Niedersachsen“: Los geht’s um 6 Uhr

Die Polizei hatte sich allerdings auch auf aggressives Verhalten seitens einiger Bewohner vorbereitet und entsprechend viele Kräfte eingesetzt. Zudem überwachten zwei Drohnen den Einsatz. Vor der Begehung habe es auch Durchsuchungen der Polizei gegeben, erklärte ein Stadtsprecher. Deshalb habe der Einsatz auch bereits gegen 6 Uhr begonnen. Details zu den Durchsuchungen waren zunächst nicht bekannt.


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Die Mehrheitseigentümerin des Wohnkomplexes hatte zuletzt Insolvenz angemeldet, wie darüber hinaus mitgeteilt wurde. Damit das Gebäude weiter bewohnbar bleibe, vermittele die Stadt zwischen der Insolvenzverwaltung und den Versorgungsunternehmen. Es sei nicht einfach, die Situation für die Anwohner zu verbessern, da die Stadt nicht Eigentümerin der Wohnungen sei, erkläre Göttingens Oberbürgermeisterin Petra Broistedt (SPD) bei einer Pressekonferenz am Nachmittag. (dpa)

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