Braunschweig.
Altersarmut ist kein unbekanntes Thema. Doch nun stellt sich die Frage: Reicht die Rente in Niedersachsen nicht aus?
Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hat erschreckende Zahlen aus Braunschweig veröffentlicht und schlägt Alarm. Dabei hat sie klare Forderungen an die Politik.
Niedersachsen: Viele Beschäftigte in Braunschweig von Altersarmut bedroht
Trotz Vollzeitjob sind viele Menschen – auch in Niedersachsen – von Altersarmut bedroht, heißt es in der am Montag veröffentlichten Pressemitteilung der NGG. 11,3 Prozent der Vollzeitbeschäftigten in Braunschweig haben ein Einkommen von unter 2.050 Euro brutto im Monat, rund 9.300 Arbeitnehmer sind von der Altersarmut bedroht. Sie müssten über 45 Jahre arbeiten, um eine Rente oberhalb der Grundsicherungsschwelle von aktuell 835 Euro zu bekommen. Die Gewerkschaft beruft sich dabei auf Zahlen der Bundesagentur für Arbeit und der Deutschen Rentenversicherung.
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Das ist Niedersachsen:
- ist mit einer Fläche von 47.600 Quadratkilometern das zweitgrößte Bundesland nach Bayern
- hat 7.993.608 Einwohner (Stand: Dezember 2019), Landeshauptstadt ist Hannover
- wurde im November 1946 gegründet
- Sehenswürdigkeiten unter anderen: Heide Park, Lüneburger Heide, Autostadt, Nationalpark Harz
- Ministerpräsident ist Stephan Weil (SPD)
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„Altersarmut ist kein Schreckensszenario in der Zukunft, sondern für viele Menschen längst Realität. Die Rente derer, die zum Beispiel jahrzehntelang in einer Bäckerei oder Gaststätten gearbeitet haben, reicht schon heute oft nicht aus“, sagt Katja Derer, Geschäftsführerin der NGG-Region Süd-Ost-Niedersachsen-Harz. Rentenkürzungen oder Forderungen über ein späteres Eintrittsalter seien der falsche Weg. „Stattdessen muss die Politik die gesetzliche Rente stärken.“
Niedersachsen: Hotel und Gastronomie besonders stark betroffen
Besonders stark betroffen ist laut der NGG das Hotel- und Gaststättengewerbe. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit verdienen in Niedersachsen aktuell rund 21.100 von insgesamt 36.500 Vollzeitbeschäftigten im Gastgewerbe weniger als 60 Prozent des bundesweit mittleren Monatseinkommens von 3.427 Euro. „Hier darf es niemanden überraschen, dass während der Corona-Krise so viele Köche und Hotelangestellte ihre Branche verlassen haben“, sagt Derer.
Entscheidend sei nun, die gesetzliche Rente als zentrale Säule der Altersvorsorge für die Zukunft zu stärken. Dafür müssten angesichts des demografischen Wandels auch weitere Mittel aus dem Bundeshaushalt fließen und die Rentenversicherung zu einer Erwerbstätigenversicherung, in die alle einzahlen, weiterentwickelt werden. Und den jüngeren Menschen sollte klar sein, dass sie einen weiteren Abfall des Rentenniveaus mit einem immer längeren Arbeitsleben bezahlen müssten.
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Gewerkschaft fordert keine weitere Anhebung des Renteneintrittsalters
Denn seit dem Jahr 2000 sei das Rentenniveau von rund 53 Prozent auf aktuell 48 Prozent abgesenkt worden. „Konkret bedeutet das, dass Geringverdiener mit einem Einkommen von weniger als 2.050 Euro brutto im Monat statt 42 nun fast 46 Jahre lang arbeiten müssen, um überhaupt noch die Grundsicherungsschwelle im Alter zu erreichen. Aber vier Jahre länger an der Bäckereitheke, in der Lebensmittelfabrik oder im Schlachthof am Band zu stehen, ist vielen Beschäftigten gesundheitlich gar nicht möglich. Jede Anhebung des Renteneintrittsalters ist somit faktisch eine Rentenkürzung“, so Derer.
Die nächste Bundesregierung müsse das derzeitige Rentenniveau stabilisieren und perspektivisch anheben, um einen weiteren Anstieg der Altersarmut zu verhindern. Die von Wirtschaftsverbänden geforderte „Rente mit 70“ sei der falsche Weg – und ein „Schlag ins Gesicht der Menschen, die körperlich arbeiten und schon bis 67 nicht durchhalten können“. Dem Statistischen Bundesamt zufolge wächst die Zahl der Menschen, die in der Altersgruppe ab 65 armutsgefährdet sind, nämlich weiter.
Mit Blick auf die ansteigende Altersarmut in Niedersachsen macht Derer schließlich auf die große Bedeutung der Stimmabgabe bei der bevorstehenden Bundestagswahl aufmerksam. Dabei sollte man sich vorab über die Rentenkonzepte der einzelnen Parteien informieren. (nk)