Frankfurt/Main – Gießen.
Nach dem gewaltsamen Tod eines führenden Kopfes der Hells Angels in Hessen hat der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) vor einer ausufernden Bandenkriminalität in Deutschland gewarnt. „Das geht jetzt los. Wenn organisierte Kriminalität – und dazu gehören diese Rocker – die Streitigkeiten offen austrägt und auf offener Straße aufeinander losgeht und tötet, dann müssten die Alarmglocken eigentlich sehr, sehr laut läuten», sagte der stellvertretende BDK-Bundesvorsitzende Ulf Küch; Küch ist Chef der Kriminalpolizei in Braunschweig.
„Wir beobachten, dass sich diese Rockergruppen tatsächlich offen hinstellen und die Bundesrepublik untereinander aufteilen. Jetzt machen sie es sogar mit der Kanone in der Hand», konstatierte der Braunschweiger. Der Kopf der Gießener Hells Angels, Aygün Mucuk (45), war am Freitagmorgen erschossen aufgefunden worden.
Noch keine heiße Spur
Von dem oder den Tätern fehlt bislang jede Spur. Die Staatsanwaltschaft Gießen ordnete eine Obduktion der Leiche an. Mucuk war von mehreren Kugeln getroffen worden. Die Ergebnisse der gerichtsmedizinischen Untersuchung sollen am Montag bekanntgeben werden.
„Keine Motorradfahrer, keine Kleingärtner“
BDK-Vertreter Küch forderte, statt einzelne Rockergruppen nur als Vereine zu verbieten, die jeweiligen Charters als kriminelle Vereinigung einzustufen. „Man muss feststellen: Diese Banden hängen zusammen, es sind keine Motorradfahrer, es sind keine Kleingärtner, die sich gegenseitig besuchen, sie grillen auch nicht miteinander. Sie führen irgendwelche krummen Geschäfte aus – und wenn es dann nicht so funktioniert, gibt es offene Gewalt“, warnte der Experte.
Sorge bereiteten Kriminalisten vor allem „die sogenannten ethnisch durchtränkten Rockergruppen, die auch ihre Süppchen kochen“, sagte der BDK-Vize: „Das Geschäftsmodell „Rocker“ ist offensichtlich in den kriminellen Bereichen angekommen.“
Warnung vor Racheakten
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hatte bereits kurz nach der Bluttat vor möglichen Racheakten rivalisierender Gruppen gewarnt. Die Vergangenheit habe gezeigt, „dass wir hellwach sein müssen“, sagte der hessische GdP-Landesvorsitzende Andreas Grün in Wiesbaden.
Welche Folgen der Tod von Mucuk in Wettenberg bei Gießen aber tatsächlich in den kommenden Tagen und Wochen habe, sei spekulativ. „Das ist eine Welt für sich, die sehr schwierig abzuschätzen ist“, sagte Grün.
Während in Braunschweig selbst sowie in Helmstedt die als Supporter-Club auftretenden „Red Devils“ aktiv sind, gibt es in Wolfsburg ein Clubheim der „Hells Angels“. In Göttingen ist das „Hells Angels“-Charter seit zwei Jahren verboten.