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Babyklappe: Möglichkeiten und Meinungen

Babyklappe: Möglichkeiten und Meinungen

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Kathrin Brück und Reinhard Ebeling stehen am Babykörbchen des Marienstifts. Foto: Christopher Kulling
  • In der Region 38 gibt es nur eine Babyklappe.
  • Schwangere haben viele Möglichkeiten, sich beraten zu lassen.
  • Wir haben Euch auch mal nach Eurer Meinung gefragt.

Region 38. 

Die Geburt eines Kindes sollte eigentlich für jede Frau das schönste Erlebnis des Lebens sein. Für die allermeisten ist es das auch – in seltenen Fällen aber kommt es dazu, dass die Mütter – aus den verschiedensten Gründen – ihr Kind nicht annehmen wollen. Bundesweit werden nach Angaben des Bundesfamilienministeriums jährlich 20 bis 35 Kinder direkt nach der Geburt ausgesetzt oder getötet, hinzu komme eine „nicht unerhebliche Dunkelziffer“. Erst am Dienstag, 26. Juli 2016, wurde in Goslar ein neugeborener Junge in einer Plastiktüte gefunden.

Nur eine Babyklappe in der Region

Für Schwangere, die ihr Kind nicht wollen, gibt es auch in der Region 38 viele Anlauf- und Beratungsstellen. Seit zwei Jahren gibt es außerdem gesetzlich die anonyme beziehungsweise vertrauliche Geburt. Als letzten Ausweg gibt es für die Mütter zudem den Weg zur Babyklappe. Davon gibt es in unserer Region nur eine: Sie liegt, bewusst etwas versteckt, am Krankenhaus Marienstift in Braunschweig. Eine andere Klappe gibt es in Hannover.

Bisher sechs Babys abgelegt

„Bei uns heißt die Klappe ‚Babykörbchen‘ – das klingt wenigstens etwas positiver“, sagt Marienstift-Geschäftsführer Reinhard Ebeling. Das Körbchen wurde im Jahr 2001 installiert. Seitdem wurden sechs Säuglinge dort abgelegt. Sie alle waren gesund. Bis auf eine Ausnahme waren alle ganz frisch geboren. „Das erkennt man an der Haut“, erklärt Kathrin Brück. Sie ist die Pflegebereichsleiterin der operativen Kliniken am Marienstift. Dazu gehört auch die Frauenklinik. „Klar, Babyklappen sind natürlich ein sehr sensibles Thema. Das Positive ist, dass die Babys hier behütet abgelegt werden, sie bekommen eine Chance zum Leben.“ Das Gegenargument, Säuglinge würden so einfach schnell abgeschoben, kennt Brück natürlich auch..

Ein Stempel als Erinnerung

Die Klappe ist von außen einfach zu öffnen. Drinnen ist ein buntes Babybettchen mit dicker Decke. Darauf liegen Broschüren in mehreren Sprachen, die die Mütter beziehungsweise Eltern mitnehmen können. Darin stehen unter anderem Informationen zur Babyklappe, auch eine anonyme Notrufnummer (0800/4040020) für Schwangere oder junge Mütter ist zu finden. Und dann liegt da noch ein blaues Stempelkissen. „Wenn sie wollen, können die Mütter noch einen Stempel vom Füßchen oder Händchen des Babys machen“, sagt Brück. „Als letzte Erinnerung.“

Der Alarm geht sofort los

Von innen ist eine Kamera auf das Bettchen gerichtet. Wer das Kind einlegt, kann man auf dem Video nicht sehen. Alles bleibt anonym. Wenn die Klappe zu ist kann sie nicht mehr geöffnet werden. An die Mitarbeiter im Krankenhaus wird unmittelbar ein akustischer und optischer Alarm gesendet. „Wir kümmern uns dann sofort um das Kind“, versichert Brück. Danach werde das Jugendamt informiert, was sich um eine Pflegefamilie kümmere. Mögliche Pflegeeltern würden genau begutachtet: „Da muss alles passen.“ In vielen Fällen wird die Pflege- auch langfristig zur Adoptivfamilie. Manchmal wird das Kind aber auch von anderen Paaren adoptiert.

Was langfristig aus den Kindern wird, darf das Krankenhaus aus Datenschutzgründen nicht erfragen. „Nur einmal kam ein Elternpaar nach zwei oder drei Jahren von sich aus zu uns, das war sehr schön“, erinnert sich Brück. Schließlich entwickle man im Krankenhaus zu den einsamen Säuglingen ja einen sehr innigen Bezug.

Anonyme und vertrauliche Geburt

Alle Beratungsstellen und Krankenhäuser raten aber, es – wenn irgendwie möglich – nicht bis zur Entscheidung, das Kind in eine Klappe zu legen, kommen zu lassen. Die Babyklappe sei nur ein allerletzter Ausweg, betonen alle übereinstimmend.

Seit Mai 2014 ist das „Gesetz zum Ausbau der Hilfen für Schwangere und zur Regelung der vertraulichen Geburt“ in Kraft. Damit soll werdenden Müttern die Möglichkeit gegeben werden, ihr Kind – begleitet durch die Beratungsstellen und auf Wunsch vertraulich – sicher in einer Klinik oder bei einer Hebamme zu bekommen.

Einerseits gibt es die anonyme Geburt. Die Mutter kann unter einem Pseudonym ihr Kind sicher zur Welt bringen und es dann abgeben. Die Kosten trägt in dem Fall das Krankenhaus. Die Daten der Mutter kann niemand ermitteln. Gleichzeitig hat das Kind keine Möglichkeit, seine leibliche Mutter jemals kennenzulernen – das fällt unter das Recht der informationellen Selbstbestimmung.

Andererseits gibt es die Möglichkeit einer vertraulichen Geburt. Hier gibt die Frau in einer Beratungsstelle einmalig ihren Namen an, welcher dann in einen versiegelten Umschlag kommt. Im Krankenhaus läuft alles komplett anonym. Anders als bei der anonymen Geburt hat das Kind nach 16 Jahren die Chance zu erfahren, wer seine leibliche Mutter ist.

Schwanger ist man nie allein

Unter anderem Pro Familia befürwortet diese Art von Geburt, will aber gleichzeitig niemanden bevormunden: „Jeder Mensch hat das Recht, seine Abstammung zu erfahren“, sagt uns Sprecherin Regine Wlassitschau. Pro Familia ist nur eine Beratungsstellen von vielen, es gibt zum Beispiel auch Anlaufstellen bei der AWO, Caritas, Diakonie und beim DRK. Natürlich sind auch Hebammen jederzeit offen für ein Gespräch. Unter geburt-vertraulich.de sind alle Informationen aufgelistet.