Ein Bauchnabelpiercing und zwei Surface.
Foto: Lara Hann
Braunschweig.
Wenn man über das Thema Bodymodification spricht, kann man Piercings nicht ignorieren. Auch in Braunschweig sieht man viele gepiercte Menschen und immer mehr Piercingstudios sprießen aus dem Boden.
Janna Ansorge (25) und Carsten Bergmeyer (44) gehören zu den Piercern der Stadt. Beide bekommen die Entwickungen in der Bodymodification-Szene in ganz Deutschland – vor allem aber in Braunschweig – mit.
Das Alter ist ein Faktor Janna hat 2010 mit ihrer Ausbildung angefangen, vier Jahre lang musste sie lernen: „So richtig ausgelernt hat man aber nie, es kommen ja immer neue Trends und Techniken dazu.“ Seitdem arbeitet die 25-Jährige in einem bekannten Braunschweiger Piercingstudio und hat in den letzten sechs Jahren viele Veränderungen beobachtet. „Die Kunden werden immer jünger“, sagt sie, „und auch bei den Eltern ist die Hemmschwelle gesunken.“
Schon 12-Jährige stehen bei ihr im Studio und wollen verschiedenste Piercings haben. „Wir stechen aber auch mit Einverständniserklärung der Eltern Piercings erst ab 14 Jahren“, klärt Janna news38.de auf.
Janna Ansorge ist seit 2010 Piercerin in Braunschweig.
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Ältere Menschen fühlen sich ihrer Meinung nach häufig „zu alt“, um sich noch ein Piercing stechen zu lassen: „Außer bei Bauchnabelpiercings, das hab ich auch schon 80-jährigen Damen gestochen.“ Carsten, der schon seit 20 Jahren in Braunschweig als Piercer arbeitet, kann da zustimmen: „Es lassen sich auf jeden Fall mehr jüngere als ältere Menschen piercen.“
Piercingstrends „Die Piecingart, die am häufigsten gestochen wird, variiert mit der Zeit“, erklärt Carsten, „als ich angefangen habe, waren 50 Prozent der gestochenen Piercings Bauchnabelpiercings, dann kam die große Zeit der Zungenpiercings.“ Inzwischen sticht er die nicht mehr so häufig wie früher. „Im Moment liegt das Septum, also das Bindegewebe unterhalb der Nasenscheidewand, voll im Trend.“
„Die Kunden werden auf jeden Fall kreativer“, sagt Janna. Mit der Zeit kamen immer mehr Ideen für neue Piercings dazu. Vor allem eine ganze Auswahl an neuen Ohrenpiercings ist in den letzten Jahren entstanden. Auch das Dehnen der Ohrläppchen (Tunnel) war einer dieser Trends, der, laut Carsten, inzwischen aber wieder abebbt.
Intimpiercings sind ebenfalls ein Feld, das immer weiter wächst. Laut Carsten werden immer mehr davon und auch immer ausgefallenere gestochen.
Neue Möglichkeiten „Die Leute, die heute keine Tunnel mehr wollen, lassen häufig Ohrläppchenrekonstuktionen machen. Ich selbst verkleinere aber nur“, sagt Carsten, der die Ohrläppchen einer Freundin von 34 auf 8 Millimeter verkleinert hat. Dafür wird das Ohrläppchen unten aufgeschnitten, damit es dann normal wieder zusammenheilen kann. Und auch Janna hat immer öfter Kunden, die ihre Tunnel loswerden wollen.
Microdermals sind kleine Piercings, die in die Haut eingesetzt werden: „Ich hab damals eine Mail aus den Niederlanden über diese neue Piercingart bekommen“, erklärt Carsten. Er hat sich dafür interessiert, ist nach Holland gefahren hat ein paar mitgebracht und an sich und seiner Freundin geübt.
Seit 2007 bietet er diese Art der Piercings nun an: „Ich war der erste in der Region, der das angeboten hat.“
Keine große Nachfrage
Carsten Bergmeyer arbeitet schon seit 20 Jahren als Piercer.
Foto: Lara Hann
Implantate sind ein weiterer Trend in der Bodymodification-Szene. Hierbei werden Silikonformen unter die Haut gesetzt: „Die Nachfrage nach Implantaten ist bei uns quasi null, deshalb bieten wir sie auch nicht an“, sagt Janna, und auch Carsten erklärt: „Ich habe bisher einmal eins gemacht, aber der Aufwand lohnt nicht, für die geringe Nachfrage.“ Auch Cuttings (Formen werden mit Skalpell in die Haut geschnitten) und Brandings (Formen werden in die Haut gebrannt) finden in Braunschweig keinen großen Anklang.
Was wird nicht gestochen „Eine Kundin von mir wollte ein deeporal-Piercing. Ich hab daraufhin Ärzte kontaktiert und alle haben mir davon abgeraten es zu stechen, also habe ich es auch nicht gemacht“, erzählt Carsten, „und eine andere Kundin wollte ein Piercing durch das Zäpfchen, aber sie hatte einfach zu viel Brechreiz um das zu schaffen.“
Janna erklärt: „Ich steche ungerne zum Scheitern verurteilte Piercings. Zum Beispiel an der Hand ist es sehr unwahrscheinlich, dass man lange Freude an dem Schmuck hat.“ Und auch Stellen, an denen zu viele Nerven sind, lässt sie lieber unangetastet. Das Risiko wäre ihr einfach zu hoch.
Ausbildung „Ich selbst hatte damals nur zwei Wochenendseminare, in denen mir das Piercen beigebracht wurde.“, erzählt Carsten, der zu einer Zeit Piercer werden wollte, als es noch eher ungewöhnlich war. Er hat dann an sich selbst und an Freunden geübt und irgendwann in einem Studio angefangen. Heute bietet er einjährige Piercingausbildungen an, damit sich die neuen Piercer die Dinge nicht selbst beibringen müssen, so wie er früher.
Und Auch Janna ist für die Anerkennung der Piercingausbildung: „Es müssen geregelte Ausbildungen angeboten werden, damit nicht einfach jeder Piercer werden kann. Es gibt einfach noch viel zu viele Pfuscher.“
News38.de war für euch live dabei, als verschiedene Piercings gestochen wurden.